Weihnachten - Kommerzialismus versus Besinnlichkeit

07.12.2014 19:56

Jedes Jahr hat es mehr den Anschein als würde der Kommerzialismus die Besinnlichkeit zur Weihnachtszeit verdrängen. Warum lassen wir uns immer mehr von den großen Industrieriesen beeinflussen? Wann ist der Sinn des Weihnachtsfestes verloren gegangen? Wo ist der Zauber der Weihnacht geblieben, den wir als Kinder so geliebt haben?

Früher – und ich meine da nicht vor ein paar Jahren – war es noch wichtig, dass man an Weihnachten Zeit mit der Familie verbrachte. Natürlich gab es auch damals Geschenke, doch fielen diese wesentlich „kleiner“ aus. Da freute man sich noch über eine Tüte mit Süßigkeiten, Obst und Nüssen – heute wird darüber die Nase gerümpft.

Man saß an den Adventssonntagen zusammen mit der Familie im Wohnzimmer, sang Weihnachtslieder und freute sich darüber, einfach mal ein paar Minuten (oder Stunden) zur Ruhe so kommen. Heute sind selbst die Sonntage nur noch Stress. Da wird noch schnell bei Ebay, Amazon und Co. nach Geschenken gesucht, der Fernseher zeigt einen Film nach dem anderen – ob davon wirklich was wahrgenommen wird, steht auf einem anderen Blatt – und die Kerzen am Adventskranz werden angezündet, weil es so sein muss; es gehört halt einfach dazu.

Aber man kommt an der Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes ja auch gar nicht mehr vorbei. Kaum ist man aus dem Sommerurlaub zuhause grinsen einem im Supermarkt schon die Weihnachtsmänner entgegen. Lebkuchen wird stapelweise ausgestellt, Nüsse und Mandeln lösen Erdbeeren in der Obst- und Gemüseabteilung ab und die ersten Christstollen liegen auch schon im Regal. Vor kurzem kam eine Reportage im Fernsehen, dass im September und Oktober schon massenweise Lebkuchen gekauft wird, im November – was zugegebenermaßen der Monat ist an dem ich persönlich den ersten Lebkuchen im Einkaufswagen landen lasse – herrscht eine kleine „Flaute“ bevor es dann im Dezember noch mal richtig los geht.

Nimmt man neben dem ganzen Kommerz-Wahn überhaupt noch wahr, was um einem herum geschieht? Sieht man noch das Leid in der Welt? Wer achtet schon groß darauf in welchen Ländern die Geschenke unterm Weihnachtsbaum produziert wurden?

Natürlich kommt man an den ganzen Spendenaufrufen – sei es im Fernsehen oder über andere Medien wie Radio, Flugblätter oder auch das Internet – nicht vorbei, aber auch das ist heutzutage „normal“. Zur Weihnachtszeit was Gutes tun ist ja schön und gut, aber was ist im restlichen Jahr? Da brauchen die Leute, die vor Weihnachten Hilfe brauchen, doch genauso gut Unterstützung. Andererseits sitzt bei vielen vor Weihnachten der Geldbeutel wesentlich lockerer als sonst. Da denkt man dann schnell mal „ach komm, fünf Euro kannste da noch für berappen, ist ja für nen guten Zweck“. Doch kommt das Geld auch wirklich da an, wo es angeblich hingeht? Klar, man kann sich heutzutage im Internet schlau machen, ob die Stiftung (oder wer auch immer die Spendenaktion ins Leben gerufen hat) „ehrlich“ ist. Doch oft wird man auch einfach überrumpelt, sei es durch unangekündigte Haustürbesuche von Hilfsorganisationen oder auch durch sogenannte Infostände in den Fußgängerzonen …

Fragt man heute die Kinder, warum Weihnachten gefeiert wird, so bekommt man meist „weil es da Geschenke gibt“ als Antwort. Für viele Kinder ist Weihnachten so was ähnliches wie ihr Geburtstag. Teilweise gibt es so viele Geschenke, dass diese unterm Weihnachtsbaum gar nicht mehr alle Platz finden. Und wenn doch eher weniger Geschenke da sind, dann sind sie dafür meist umso hochwertiger. Sei es ein neues Smartphone, Tablet oder eine Digitalkamera (natürlich mit allen möglichen Extrafeatures), Hauptsache es ist wertvoll.

Und wer zwischen dem ganzen Einkaufstrubel und sonstigen Vorbereitungsstress doch mal die Zeit findet über einen der vielen Weihnachtsmärkte zu schlappen, der wird selbst dort mit kommerziellen Dingen „zugemüllt“. Während ein Weihnachtslied nach dem anderen aus den Lautsprechern dröhnt, wird an den Ständen fleißig um jeden Cent gefeilscht.

Aber halt, da war doch noch dieses eine Wort! Wie hieß es noch gleich? Genau! Besinnlichkeit. Schlägt man dieses Wort im Lexikon nach oder sucht online nach einer Definition stößt man eventuell auf die folgenden Worte: „Besinnlichkeit ist eine stimmungsvolle Zeit, in der Menschen zum Nachdenken und Innehalten kommen“. Gut, jetzt wissen wir was Besinnlichkeit bedeutet und sofort ist da das nächste Problem: woher sollen wir die Zeit für die Besinnlichkeit nehmen? Egal ob Kind oder Erwachsener, berufstätig oder arbeitslos, Student oder Rentner – wenn wir eines zu wenig haben, dann Zeit. Wir rennen nur noch von A nach B, quetschen weitere Termine in unsere bereits überfüllten Terminkalender und wundern uns dann am Ende des Tage warum wir – todmüde wie wir sind – trotzdem nicht schlafen können.

Warum versuchen wir nicht, Zeit für Ruhe im Terminkalender unterzubringen? Müsste man das nicht auch mit einplanen um überhaupt mal wieder Zeit für sich zu haben? Vielleicht einfach mal alles ausschalten, was uns in irgendeiner Weise ablenkt. Vielleicht gönnen wir uns ein heißes Bad, lesen ein Buch oder oder oder … Möglichkeiten gibt es wie viele, wir müssen nur die finden, die für uns selbst die beste ist.

Vielleicht sollten wir es mal ausprobieren wie es sich anfühlt, wenn wir die Zeit vor Weihnachten wieder besinnlicher gestalten. Ob bei Kerzenschein, schöner Musik, Plätzchen knabbern oder einfach nur in völliger Ruhe. Vielleicht schaffen wir es, uns Stück für Stück wieder dem „wahren“ Weihnachten zu nähern. Vielleicht können wir so den großen Konzernen die Stirn bieten, ihnen zeigen, dass wir uns von ihnen nicht die (Vor-)Weihnachtszeit diktieren lassen.

In diesem Sinne – ob kommerziell oder nicht – allen eine besinnliche Weihnachtszeit.

(veröffentlicht in der Ausgabe Mixed Pixles 04/2014)